Ein Tag Distanzunterricht in der 9a mit Herrn Scharf
Durch die von der bayerischen Staatsregierung ergriffenen Maßnahmen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, hat sich - Gott sei Dank nur vorrübergehend - einiges im Schulalltag von Schülerinnen, Schülern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an unserer BiMaMü geändert. Ich möchte mit diesem Artikel einen kurzen Einblick in meinen ganz persönlichen Alltag als Lehrer und Konrektor an der Bischof Manfred Müller Schule geben.
Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr, allerdings bin ich bereits seit 5:45 Uhr munter. Meine Gedanken kreisen bereits seit der letzten Ferienwoche immer wieder um das sich nun veränderte Schulleben an der BiMaMü. Am 6. Januar haben wir erfahren, dass sich alle bayerischen Schülerinnen und Schüler für mindestens drei Wochen im Distanzunterricht befinden.
Es ist Donnerstag und die ersten Tage „Lernen daheim“ haben wir bereits hinter uns. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (wegen technischer Probleme konnten leider nicht alle Schülerinnen und Schüler meiner 9a durchgehend an der anberaumten Videokonferenz teilnehmen) hat sich alles ganz gut eingespielt. Im Gegensatz zu den Jahrgansstufen unter uns hatten wir bereits vor den Ferien drei Tage lang verpflichtenden Distanzunterricht und so hatten wir - Frau Krottenthaler, die 9a und ich - bereits Erfahrungen sammeln können, wie Distanzunterricht für uns als Abschlussklasse aussehen könnte. Jede Klasse, jede Lehrkraft muss hier eigene Wege finden, um die zu überbrückende Zeit so gut und effektiv wie möglich zu nutzen. Wir haben uns - ganz nach dem von unserer Schulleiterin Frau Heigl-Birk ausgerufenem Motto „BiMaMü wie immer, nur ein wenig anders“ - dazu entschieden, so viel Normalität im Schulleben beizubehalten, wie nur irgendwie möglich. Das bedeutet für die 9a „Unterricht nach Stundenplan“, allerdings nicht im Klassenzimmer, sondern in der Videokonferenz. Die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch, der Vernetzte Unterricht und auch die Freie Stillarbeit sollen inhaltlich genauso stattfinden, wie wenn die Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht an der Schule wären. Frau Krottenthaler und ich, aber auch die Schülerinnen und Schüler der 9a, sind mit dem Verlauf in dieser ersten Woche Distanzunterricht (abgesehen von den zu erwartenden technischen Problemen am ersten Tag nach den verlängerten Weihnachtsferien) mehr als zufrieden.
Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg an die Schule. Die Tage zuvor haben Frau Krottenthaler und ich die Videokonferenzen noch vom Klassenzimmer der 9a (und ich ab und an auch von meinem Büro) aus geleitet, aber in den vergangenen Tagen wurde die Heizung im Klassenzimmer abgestellt. Deswegen suchte Frau Krottenthaler Zuflucht im Klassenzimmer der 7b und ich wich auf das Lehrerzimmer im vierten Stock aus. Es ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Ich habe den vierten Stock heute ganz für mich allein. Diese Ruhe ist in Anbetracht der Hektik, die das Amt des stellvertretenden Schulleiters - vor allem in Zeiten von Corona - mit sich bringt, sehr wohltuend.
Um 7:15 Uhr wird der Laptop angeschlossen (Netzteil, LAN-Kabel, Dokumentenkamera). Die ersten „anwesend“-Meldungen trudeln bereits in der schul.cloud ein. Die Anwesenheitsliste wird abgehakt und den Link für die Videokonferenz habe ich bereits in unserem Klassen-Channel gepostet.
Freie Stillarbeit
Wir haben entschieden, den Unterricht bereits um 7:40 Uhr zu starten, um dem „Ansturm“ auf die schul.cloud ein kleines bisschen aus dem Weg zu gehen. Es hat funktioniert: Alle Schülerinnen und Schüler sind spätestens um 7:50 Uhr in der Videokonferenz und wir können mit der Freien Stillarbeit beginnen. Die Schülerinnen und Schüler erledigen fleißig ihre Wochenplanaufgaben. Sobald sie mit einer Aufgabe fertig sind, schicken sie diese entweder Frau Krottenthaler oder mir per schul.cloud oder, wenn diese aufgrund der zu hohen Auslastung nicht verfügbar ist, per E-Mail zum Abhaken.
Um 9:15 Uhr ist die Freie Stillarbeit beendet. Frau Krottenthaler verabschiedet sich für heute, denn heute bin ich für den VU in den nächsten Stunden verantwortlich. Die Schülerinnen und Schüler haben nun eine halbe Stunde Verschnaufpause und schalten ihre Kameras aus und ihre Mikrofone stumm.
Vernetzter Unterricht
Pünktlich um 9:45 Uhr bitte ich die Schülerinnen und Schüler, ihre Kameras wieder einzuschalten. Nach und nach ploppen die Bilder der Jugendlichen auf.
Heute stehen „Elektrische Leistung“ und „Elektrische Energie“ auf dem Programm. Die dazu benötigten Materialien habe ich, wie üblich, am Vortag in die schul.cloud gestellt und zur Sicherheit auch noch einmal den Eltern unserer Klasse per E-Mail zukommen lassen. Die Arbeitsmaterialien können wahlweise ausgedruckt oder direkt auf dem Endgerät bearbeitet werden. Die Arbeitsblätter habe ich am Vortag eingescannt und mit einem Programm so bearbeitet, dass man die Lösungen in die geschickte PDF-Datei direkt eintragen kann. Die Idee, die dahintersteckt ist, den Eltern das permanente Ausdrucken der Unterlagen zu ersparen. Trotzdem wollen aus verständlichen Gründen die meisten Schülerinnen und Schüler etwas in der Hand halten und drucken die Materialien gewissenhaft aus.
Da sich auch mein Präsenzunterricht auf die von mir erstellten PowerPoint Präsentationen stützt, ist es für mich optimal, dass ich diese per Mausklick auf den Bildschirm der Jugendlichen projizieren kann. Mein Mikrofon ist während der Videokonferenz immer eingeschaltet wohingegen die Schülerinnen und Schüler ihres nur einschalten dürfen, wenn sie sich melden, um auf eine von mir gestellte Frage zu antworten. Nachdem der Inhalt besprochen wurde, ist es jetzt an der Zeit, das Gelernte (wie berechne ich elektrische Leistung, Stromstärke, Spannung usw.) zu üben. Deshalb wechsle ich nun mit wenigen Mausklicks von meiner PowerPoint Präsentation zur Videoübertragung unserer Dokumentenkamera. Diese kann ich nun wie eine Tafel verwenden und die Schülerinnen und Schüler können alles mitschreiben und verbessern. Hier gab es anfangs Schwierigkeiten mit der Auflösung des Bildes, doch inzwischen hat sich das Problem dank der Hilfe unseres EDV-Betreuers, Herrn Ehler, gelöst.
Um 11:45 Uhr, nach 120 Minuten PCB, sehe ich viele rauchende Köpfe in der Videokonferenz und deswegen ist es nun auch an der Zeit, meinen Unterricht zu beenden. Die 9a hat nun 15 Minuten Pause. Anschließend bearbeiten die Jugendlichen die von unseren sehr engagierten Fachlehrerinnen und Fachlehrern geschickten Arbeitsaufträge in den Fächern Soziales, Technik und Wirtschaft.
Ich verabschiede mich aus der Videokonferenz und wünsche den Schülerinnen und Schülern einen schönen Nachmittag. Kaum bin ich aus der Konferenz, mache ich mich auf den Weg in mein Büro im Neubau. Dort checke ich mein dienstliches E-Mail-Postfach. An die zwanzig neuen Nachrichten sind eingegangen. Eine nach der anderen wird gelesen und - wenn nötig - beantwortet. Im Moment tut sich digital sehr viel an unserer BiMaMü. Aufgrund der - vor allem im vergangenen Schuljahr - gewonnen Erkenntnis, dass die Schulen in Sachen Digitalisierung Aufholbedarf haben, hat die bayerische Staatsregierung Mittel zur Verfügung gestellt, um die Schulen im IT-Bereich besser aufzustellen. Dies bedeutet für die Schulleitung sehr viel Verwaltungsarbeit. Unter anderem findet sich eine E-Mail in meinem Postfach, in der eine sehr engagierte Kollegin bei mir nachfragt, wie man eine PowerPoint Präsentation in der Videokonferenz mit den Schülerinnen und Schülern „teilen“ könne. Um dies am anschaulichsten zu erklären, entscheide ich mich, eine Fotoserie zu erstellen, in der kleinschrittig gezeigt wird, wie man dies bewerkstelligt. Anschließend werden die Englisch-PowerPoint Präsentation und die Arbeitsblätter für morgen und die kommenden Unterrichtstage vorbereitet. Nun werden die Arbeitsblätter in die schul.cloud gestellt und sicherheitshalber noch per E-Mail an die Eltern geschickt. Die Zeit vergeht wie im Flug und als ich auf die Uhr schaue ist es bereits 16:00 Uhr. Um 16:15 Uhr möchte ich gerne zuhause sein, um mit meiner Frau eine Runde im Wald zu drehen (dies ist während der Corona-Pandemie beinahe zu einem Ritual geworden) und anschließend den Wocheneinkauf zu erledigen. Ich packe meine Sachen und mache mich auf den Heimweg. Es trifft sich gut, da meine Frau auch gerade aus der Arbeit gekommen ist und wir machen uns gemeinsam auf den Weg in einen nahegelegenen Wald, um ein wenig durchzuatmen.
Das Spazierengehen durch die verschneite Schneelandschaft wirkt sehr beruhigend und stellt einen guten Ausgleich zum permanenten Arbeiten am Bildschirm dar. Während des Spaziergangs klingelt mein Handy: Frau Heigl-Birk ist am Apparat und will kurz Rücksprache bezüglich eines von uns beiden wahrgenommenen Termins halten. Ich sage ihr, dass ich sie gerne zurückrufe, sobald ich daheim bin.
Nach dem Wocheneinkauf geht es nach Hause. Nachdem alle Einkäufe verstaut sind beginnt meine Frau dankenswerterweise zu kochen (eigentlich wäre ich heute an der Reihe gewesen), während ich Frau Heigl-Birk zurückrufe. Das Telefonat dauert ca. 30 Minuten. Anschließend ist es Zeit für das Abendessen.
Um 19:30 Uhr liege ich dann frisch geduscht auf der Couch und lasse den Tag ausklingen in der Gewissheit, dass auch der kommende Tag nicht langweilig werden wird.
Peter Scharf